… mit jedem Stück, jeder Melodie, fast jeder Note. John Cage hat mal gesagt, dass er nicht verstehe, warum die Leute Angst vor neuen Ideen hätten - er habe Angst vor den alten. Malstrom haben definitiv keine Angst vor neuen Ideen – und ihre Hörer:innen sollten diese Angst auch nicht mitbringen. Mit einer diebischen Spielfreude schmeißen sie experimentellen Jazz und progressiven Metal zusammen und vergnügen sich daran, was diese Kollision anrichtet: nämlich einen Haufen hypnotischer Schönheit.
Das Trio Malstrom, 2010 gegründet und bestehend aus Saxophonist Florian Walter, Gitarrist Alex Zajac und Drummer Jo Beyer, hat mittlerweile das sechste Album veröffentlicht, vier Studioalben und zwei Livealben, und zahlreiche Jazzpreise abgeräumt. Songtitel wie ›Tinder: Zu Vino sag ich nie no. Achso und übrigens: Ich reise gerne.‹ oder ›Schnee im Sommer. Oder: Musik ist auch immer Ausdruck meines Konsumverhaltens‹, beide vom letzten Studioalbum ›Klaus-Dieter” (2021), weisen auf eine zappaeske Lust an der Albernheit und Verspieltheit hin. Malstrom machen ernsthaft gute Musik, aber sie nehmen sich selbst dabei nicht besonders ernst, und das ist überaus sympathisch.
In den drei Jahren nach ›Klaus-Dieter‹ hat die Band ein Stipendium gut genutzt und ist weltweit getourt. Dadurch haben die drei ihr gemeinsames Livespiel auf ein neues Level gehoben - ›Wir spielen ein Stück nicht nur, wir spielen damit‹, sagt Drummer Jo Beyer. Und es sei ungewöhnlich, dass Malstrom ihr Live-Repertoire nun schon seit Jahren spielen würden, fast wie eine Rockband, so Saxophonist Florian Walter. Das hierdurch erlangte Maß an Freiheit und Gegenwärtigkeit zeigt sich unmittelbar in der Interaktion der Band mit dem Publikum – beide haben eine Menge Spaß miteinander und liefern sich eine lustvolle Energieschlacht: Die Band schmeißt Energie ins Publikum, das Publikum schmeißt die Energie zurück auf die Bühne, die Band fängt sie auf, wirbelt sie herum und pfeffert sie verstärkt zurück in den Raum, und so weiter.
Meine Güte, ich kenne mich halt mit Jazz nicht besonders aus, ich bin Metalhead, ich finde es einfach nur geil, was die drei Jungs abliefern!
Diese Magie des Moments haben Malstrom sehr gut auf ihrem neuesten Livealbum ›Bremen‹ (2025) eingefangen, das bei einem Auftritt der Band bei dem Freaques de-la-Musique-Festival im Bremer Güterbahnhof aufgenommen wurde. Gitarrist Axel Zajac, geboren und wohnhaft in Bremen, spielt achtsaitige E-Gitarren, teilweise mit abgeschliffenen Bünden. Durch die zwei zusätzlichen Bass-Saiten ist es ihm möglich, bei Bedarf auch einen E-Bass-Sound oder tief grummelnde Wände beizusteuern. Bei ihm wechseln sich breites Riffing mit teils metallesk getappten Solopassagen und filigranen Improvisationen ab.
Drummer Jo Beyer, geboren in Essen und mittlerweile wohnhaft in Köln, zischelt und wirbelt und tippelt mit einer Leichtigkeit und Geschmeidigkeit über das Drumkit, wie man sie in seiner Zunft nur selten findet. Und Saxophonist Florian Walter tänzelt auf Socken über die Bühne und verausgabt sich dabei aufs Allerschönste (wobei er auch noch verdammt gut aussieht). Gemeinsam schwenken die drei in einem Wimpernschlag von wild zu zärtlich und von zärtlich zu rabiat und zurück, und das Publikum schwenkt mit, es ist wunderschön.
Meine Güte, ich kenne mich halt mit Jazz nicht besonders aus, ich bin Metalhead, ich finde es einfach nur geil, was die drei Jungs abliefern! Hört euch das doch mal selber an. Es soll euer Schaden nicht sein.