Queer.Lit!

ANNA HERZBERG

2021 hat das virtuelle Literaturhaus die Programmreihe ›Queer(L)it!‹ (ab 2024 ›queer.lit!‹) ins Leben gerufen, die von September bis Dezember unterschiedliche Formate umfasste, die sich mit queeren Themen auseinandersetzten.

Die beteiligten Autor:innen thematisieren in ihren Werken nicht nur Lebensweisen und Beziehungen jenseits der Heteronormativität, sondern schaffen eine literarische Form, die sich gegen herkömmliche Darstellung von Geschlechtern und Sexualität stellt und starre Identitätskategorien anzweifelt. Der damaligen Projektleitung Heike Müller war es ein großes Anliegen, die Sichtbarkeit queerer Literatur zu fördern, die sonst selten einen Platz bekam. Durch Formate, an denen häufig mehrere Autor:innen beteiligt waren, sollte außerdem die Vernetzung von Bremer:innen und auswärtigen queeren Autor:innen angeregt werden.

Eine digitale Videoreihe startete im September 2021. Zu Gast waren vier Autor:innen, die sich mit Autor:in, Essayist:in und Kurator:in Sasha Marianna Salzmann über Themen wie radikale Poesie, Geschlechterperformance und die Bedeutung von queerer Literatur für das eigene Schreiben unterhalten haben. Ebenfalls in digitaler Form erschien alle zwei Wochen eine Buchkolumne von Linus Giese, in der er nicht nur queere Bücher oder Zeitschriften vorstellte, sondern zum Beispiel auch Einblicke in seine Arbeit in einer queerfeministischen Buchhandlung gewährte.

Außerdem waren zwei Lesungen Teil der Reihe: Im September las Salzmann aus ›Im Menschen muss alles herrlich sein‹ und sprach mit Moderatorin Esther Willbrandt darüber, was queere Literatur ausmacht, und philosophierte unter anderem über die Frage, ob Shakespeare queer war. Im November las trans Aktivist und Autor Linus Giese aus seinem Buch ›Ich bin Linus‹, in dem er von seiner Transition und seinem Leben als trans Mann berichtet und mit dem er – genau wie mit der Aufklärungsarbeit auf seinen Social-Media-Kanälen – vor allem eines erreichen will: anderen Menschen die Hilfe sein zu können, die er sich vor seinem Coming Out und während seiner Transition gewünscht hätte.

2022 konnte die Reihe unter der Überschrift »Queeres Schreiben als Form des ästhetischen Widerstands« fortgesetzt werden. Ihre Formen ästhetischen Widerstandes stellten im September und November 2022 in zwei moderierten Werkstattgesprächen vier queere Autor:innen vor. Die Auftaktveranstaltung trug den Titel ›Werkstatt des queeren Romans‹: Antje Rávik Strubel und Gunther Geltinger, der die Reihe 2022 auch kuratierte, unterhielten sich sowohl über die Entstehung ihrer Bücher ›Blaue Frau‹ und ›Benzin‹ als auch über den Einfluss ihres Queerseins auf ihr Schreiben. Die Autor:innen waren sich einig über die Bedeutung von Namen und Pronomen und über Limitierungen, die die deutsche Sprache für das queere Schreiben mit sich bringe. Die zweite Veranstaltung der Reihe trug den Namen ›Quersprechen‹, Daniel Schreiber und Jayrôme C. Robinet und stellten ihre Bücher ›Allein‹ und ›Mein Weg von einer weissen Frau zu einem jungen Mann mit Migrationshintergrund‹ vor.

Janin Rominger ist es wichtig, die Möglichkeiten von Literatur für das Erkunden, Festigen und Beanspruchen eigener Identitäten aufzuzeigen.

Die Autor:innen sprachen vor allem über die Besonderheiten von queerem Schreiben. Textbeiträge der queeren Bremer Schriftstellerin Jutta Reichelt ergänzten die Reihe. Sie reflektierte in kurzen Essays unter der Überschrift ›Das Schreiben der anderen‹ darüber, ob sich Elemente der Werke der beteiligten Autor:innen in ihren eigenen Texten wiederfinden lassen. Übrigens: Sowohl die Videoreihe und die Kolumne aus 2021 als auch die Beiträge aus 2022 sind nach wie vor auf der Seite des Literaturhauses Bremen zu finden.

Wie geht es mit der Reihe weiter? Für 2024 sind ab September vier Veranstaltungen in der queer.lit!-Reihe geplant, die unter dem Schwerpunkt ›Performance Poetry als Empowerment‹ stehen sollen. Unter anderem ist neben einer Lesung auch ein wissenschaftlicher Vortrag über queeres Empowerment und eine queere Schreibwerkstatt mit Jutta Reichelt geplant. Die entstandenen Texte könnten dann bei einer offenen Lesebühne geteilt werden. Janin Rominger, die neue Projektleitung für 2024, die zusammen mit Heike Müller die Veranstaltungen plant, ist es wichtig, die Möglichkeiten von Literatur für das Erkunden, Festigen und Beanspruchen eigener Identitäten aufzuzeigen. Die Veranstaltungen sollen so miteinander verknüpft sein, dass die Teilhabe des Publikums mehr im Vordergrund steht. Wir dürfen also gespannt sein auf die Fortsetzung dieses Projektes, wenn es ab September hoffentlich wieder heißt: queer.lit!